Innenraum Aerodynamik

Ich beuge mich rüber und kurbele auch das Beifahrerfenster ganz runter. Es sind gefühlt immer noch 30 Grad, das Hemd klebt am Rücken, die Sonne wird gleich untergehen und wirft lange Schatten über die A7. Die warme Luft schwappt in Wellen ins Auto. Die sanften Hügel der Kasseler Berge vor mir, die Sonne von links, carvt mein kleiner Sprint alle Kurven der Autobahn nach. Aus den Boxen dröhnt melodramatischer Independent Rock, Young London von Angels & Airwaves und ich will einfach wissen, was lauter ist, bei Höchstgeschwindigkeit. Ich lasse das Pedal bis ganz unten kippen, die vier kleinen Drosselklappen schnappen gierig auf und das italienische Coupéchen mit den blauen Sitzen prescht milde vorwärts. Die Tachonadel klettert nicht, denn die fällt ab 100 km/h eh immer auf null, weil die Magnetkraft nicht mehr reicht. Ist ja auch schon 41 Jahre alt die Scheese. 

Fünfter Gang, die Drehzahl bei 6000, das ergibt 160 echte km/h. Das Motörchen dröhnt so schön und gibt alles. Ich fahre barfuß. Die Luftmassen im Auto verquirlen wie im Wellenbad. Manchmal spült es die warme Luft in einem Schwall unter das Armaturenbrett, um die Füße herum, wie wenn sich so eine Lufthose in einem Innenhof bildet. Ich brauche lautere Boxen. Es ist so herrlich. Ich werde getragen von einem Klangteppich und Luftteppich. Ich brauche keinen Air-scarf von Mercedes. Das hier ist soviel besser. Ich rieche den Sommer, jedes Waldstück. Sobald man durch ein Schattenstück fährt, verändert sich der Geruch, die Temperatur sackt etwas ab und die Feuchtigkeit spürt man auch.

Ein Burger King naht, ok, heute ausnahmsweise. Die Schuhe lasse ich aus. Laufe über den warmen Asphalt. Ein Reisebus parkt neben mir und spuckt eine Klasse 17-jähriger aus. Es ist Sonntag 21 Uhr.

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